Mehrstufige Zufallsexperimente – Aufgabe „Porzellan“

Aufgabenstellung

In einer Fabrik wird Porzellan hergestellt. Die hergestellten Teile werden dabei auf Form, Farbe und Oberflächenbeschaffenheit geprüft. Erfahrungsgemäß muss bei 25 % die Form beanstandet werden. Die Farbkontrolle passieren 85 % der Teile ohne Beanstandung. In 20 % der Fälle genügt die Oberfläche nicht den Anforderungen der 1.Wahl. Nur wenn alle drei Kontrollen fehlerfrei sind, gilt ein Teil als 1.Wahl. Das Produkt gilt als zweite Wahl, wenn die Qualität nur an einer Kontrollstelle nicht ausreicht. Alle übrigen Teile gelten als Ausschuss.

  1. Stelle diese Kontrollen in einem Baumdiagramm dar.
  2. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist ein Teil 1.Wahl/2.Wahl/Ausschuss?
  3. Ein Teil ist als 2.Wahl klassifiziert worden. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist seine Form beanstandet worden?

Schritte zur Lösung

Das „Schwierigste“ an der ersten Aufgabe ist, die Wahrscheinlichkeiten richtig zuzuordnen. Wir versuchen es:

  • Form wird beanstandet: ja 0,25 / nein 0,75
  • Farbe wird beanstandet: ja 0,15 / nein 0,85
  • Oberfläche wird beanstandet: ja 0,2 / nein 0,8

Damit sollte das Baumdiagramm jetzt kein Problem mehr sein. „J“ bedeutet „Beanstandung“ und „N“ bedeutet „keine Beanstandung“:

Baumdiagramm Porzellan

Nun können wir die Pfadregeln anwenden und die gefragten Wahrscheinlichkeiten ermitteln:

  • 1. Wahl: $p_1=0,75\cdot 0,85\cdot 0,8 = 0,51$
  • 2. Wahl: $p_2=0,25\cdot 0,85\cdot 0,8+0,75\cdot 0,15\cdot 0,8+\0,75\cdot\0,85\cdot 0,2 = 0,3875$
  • Ausschuss: $p_3 = 1-(p_1+p_2) = 1-(0,51+0,3875)=0,1025$

Wir kommen nun zu Frage 3. Wir haben ein 2.Wahl-Teil vor uns und bezeichnen mit $p$ die gesuchte Wahrscheinlichkeit, dass die Form dieses Teils beanstandet wurde. Vielleicht sagst du jetzt: Das wissen wir doch, bei 25 % wird die Form beanstandet. Ja, bei 25 % von allen Teilen. Aber hier haben wir ein Teil, von dem wir schon wissen, dass es zweite Wahl ist und auf jeden Fall einen Fehler hat. Und unter diesen wird der Anteil der Teile mit Formfehler anders sein. Weil Formfehler die am häufigsten vorkommenden Fehler sind, wird diese Wahrscheinlichkeit sogar deutlich größer sein.

Jetzt aber zur Lösung: Die bekannte Bedingung ist „Teil 2.Wahl“, also zeichnen wir ein Baumdiagramm, bei dem in der ersten Stufe nach „2.Wahl“ oder „nicht 2.Wahl“ unterschieden wird. Die Wahrscheinlichkeiten hierfür sind wir 0,3875 (oben berechnet) und $1-0,3875=0,6125$ (Gegenwahrscheinlichkeit). Uns interessiert nur der erste Pfad „2.Wahl“, da dies in der Fragestellung als Bedingung gegeben ist.

In der zweiten Stufe unterscheiden wir, ob das Teil in seiner Form beanstandet wurde ($p$) oder nicht ($1-p$). Damit erhalten wir folgendes Baumdiagramm:

Baumdiagramm Form beanstandet

Der erste Pfad beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teil 2.Wahl ist und in seiner Form beanstandet wird. Ein Teil zweiter Wahl hat nur einen der möglichen Fehler. Wenn aber schon die Form beanstandet wird, müssen die anderen beiden Kontrollen bestanden worden sein. Die Wahrscheinlichkeit des ersten Pfades ist also $0,25\cdot 0,85\cdot 0,8$.

Wir können sie auch als Produkt der Pfadwahrscheinlichkeiten als $0,3875\cdot p$ darstellen. Damit erhalten wir die Gleichung
$$0,3875\cdot p=0,25\cdot 0,85\cdot 0,8$$
und können diese leicht nach $p$ auflösen:
$$p=\frac{0,25\cdot 0,85\cdot 0,8}{0,3875}$$

Lösung der Aufgabe mit bedingten Wahrscheinlichkeiten

Wer sich schon mit bedingten Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen auskennt, kann die Lösung dieser Aufgabe sehr viel eleganter formulieren. Wir bezeichnen folgende Ereignisse:

  • $Z$: Das untersuchte Teil ist 2.Wahl.
  • $O$: Das untersuchte Teil hat einen Formfehler.

Mit diesen Bezeichnungen ist folgende bedingte Wahrscheinlichkeit gesucht:
$$P_Z(O)=\frac{P(Z\cap O)}{P(O)}=\frac{0,25\cdot 0,85\cdot 0,8}{0,3875}$$

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