Auf der Hallig Öde laufen im Sommer zwei Drittel Touristen herum, der Rest sind Einheimische. Unabhängig von der Tageszeit sagen 9/10 der Einheimischen „moin“ zu jeder Person, der sie begegnen. 1/3 der Touristen haben sich angepasst und sagen ebenfalls „moin“ zu jeder Person, der sie begegnen.
- Stelle diesen Sachverhalt in einem Baumdiagramm dar.
- Mit welcher Wahrscheinlichkeit sagt eine entgegen kommende Person „moin“?
- Erstelle eine Vierfeldertafel mit den Merkmalen „Tourist“ und „Moin“.
- Eine entgegenkommende Person sagt nicht „moin“. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Touristen handelt?
- Zeichne ein umgekehrtes Baumdiagramm mit dem Merkmal „Moin“ in der ersten Stufe und „Tourist“ in der zweiten Stufe.
Lösung
Aufgabe 1
Wir lesen in der Aufgabe: „Auf der Hallig Öde laufen im Sommer zwei Drittel Touristen herum“. Also bezeichnen wir mit das Ereignis, dass eine zufällig entgegen kommende Person ein Tourist ist, und erhalten:
Das Gegenereignis von ist
und bezeichnet das Ereignis, dass diese Person kein Tourist ist. Dessen Wahrscheinlichkeit ist:
Diese beiden Ereignisse mit ihren Wahrscheinlichkeiten bilden die erste Stufe des Baumdiagramms:

Weiter lesen wir: „…sagen 9/10 der Einheimischen „moin“ zu jeder Person…“. Hier kommt das Ereignis ins Spiel, dass eine Person „moin“ sagt. Dieses nennen wir . Als Bedingung wird hier zusätzlich genannt, dass es sich um einen Einheimischen (keinen Touristen) handelt. Deshalb wird hier eine bedingte Wahrscheinlichkeit genannt, nämlich:
Das Gegenereignis hierzu ist, dass ein Einheimischer nicht „moin“ sagt:
Diese beiden Wahrscheinlichkeiten setzen den Pfad des Baumdiagramms fort. An den Ästen der zweiten Stufe sehen wir also bedingte Wahrscheinlichkeiten mit der Bedingung
.
Wenn wir diese Gedanken auch auf den Pfad anwenden, erhalten wir das folgende Baumdiagramm:

Aufgabe 2
Gesucht ist . Dazu suchen wir im Baumdiagramm alle Pfade, die bei
enden, und wenden die Pfadregeln an: Entlang eines Pfades wird multipliziert, verschiedene Pfade werden addiert. Es gibt zwei Pfade, die zu
führen, und so sieht die Rechnung dazu aus:
Aufgabe 3
Was ist der Unterschied zwischen einem Baumdiagramm und einer Vierfeldertafel? Im Baumdiagramm stehen in der zweiten Stufe bedingte Wahrscheinlichkeiten, die von der ersten Stufe abhängen. Wir sehen es an der Frage, ob jemand „moin“ sagt. Diese Wahrscheinlichkeit ist für Touristen und und Einheimische unterschiedlich.
In der Vierfeldertafel stehen für zwei Ereignisse die Wahrscheinlichkeiten, dass beides eintritt- ohne Vorbedingung. fragt zum Beispiel nach der Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig entgegenkommende Person gleichzeitig Tourist ist und „moin“ sagt. Dieser Wert steht nicht im Baumdiagramm, aber wir können ihn damit ausrechnen. Er ist nämlich die Pfadwahrscheinlichkeit des ersten Pfades:
Manche haben Schwierigkeiten zu verstehen, was der Unterschied zwischen und der bedingten Wahrscheinlichkeit
ist. Man könnte es so beschreiben:
fragt nach der Wahrscheinlichkeit, dass eine beliebige entgegenkommende Person gleichzeitig ein Tourist ist und moin sagt – ohne Vorbedingung. Wir wissen von vornherein nichts über diese Person.
- Bei der Wahrscheinlichkeit
wissen wir schon, dass die entgegen kommende Person ein Tourist ist., und es ist nur noch unklar, ob sie moin sagt oder nicht.
Die Einträge der Vierfeldertafel sind nun die Pfadwahrscheinlichkeiten des Baumdiagramms:
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Wir ermitteln nun die Pfadwahrscheinlichkeiten und können die Tabelle mit Leben füllen:
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Aufgabe 4
In dieser Frage geht es um eine bedingte Wahrscheinlichkeit, denn eine Person sagt nicht „moin“. Dies ist die Bedingung, und die Wahrscheinlichkeit, dass es sich unter dieser Bedingung um einen Touristen handelt, ist .
Wie können wir nun diese bedingte Wahrscheinlichkeit mit der Vierfeldertafel berechnen? Wir wenden die Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit an und können alle benötigten Werte aus der Tafel entnehmen:
Diese Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, da ohnehin schon sehr viele Touristen auf der Hallig unterwegs sind und außerdem die meisten der relativ wenigen Einheimischen „moin“ sagen. Die Gegenwahrscheinlichkeit wäre – also ein Einheimischer, der nicht „moin“ sagt. Und davon gibt es im Sommer halt nicht so viele.
Die Bayes-Formel: Baumdiagramm und umgekehrtes Baumdiagramm
Der Zusammenhang zwischen dem Baumdiagramm, der Vierfeldertafel und dem umgekehrten Baumdiagramm ist im folgenden Bild dargestellt

Die Wahrscheinlichkeit sowie die anderen Wahrscheinlichkeiten in der Mitte sind die Einträge der Vierfeldertafel. Sie kann auf zwei Arten berechnet werden:
- Im linken Baumdiagramm:
- Im rechten Baumdiagramm:
Bei beiden Rechnungen muss das gleiche herauskommen, also gilt:
Wenn wir auf die andere Seite der Gleichung bringen, erhalten wir eine Formel, mit der wir aus
direkt die umgekehrte bedingte Wahrscheinlichkeit
berechnen können. Sie ist eine wichtige Formel der Wahrscheinlichkeitsrechnung und heißt die Bayes-Formel: